AVANT: Das große Bauen

Weil wir mit Küchenvergleichen in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht habe, nähern wir uns auch in diesem Blogbeitrag einem Thema des Spezialtiefbaus von der essbaren Seite: und zwar dem Forschungsprojekt AVANT, bei dem es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei Injektionsvorgängen geht, so erklärt, dass es auch die Omi versteht.

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AVANT (Credit: pixabay)
Das große Backen Bauen (Credit: pixabay)

Betrachtet man die Verwendung von Baustellendaten, wie sie aktuell auf vielen Projekten im Spezialtiefbau gelebter Alltag ist, so lässt sich das mit der Herstellung eines Becherkuchens vergleichen. Solides Grundprinzip, gutes Ergebnis – aber nichts Besonderes und leider extrem fehleranfällig.

Denn stimmt die Bechergröße nicht, kommt alles durcheinander – ähnlich wie auf nicht ausreichend digitalisierten Baustellen, wo das Datenformat des Bohrgerätes nicht mit dem der Pumpe kompatibel ist und letztendlich auf ein manuell gepflegtes Excel-File zurückgegriffen wird. Genau wie beim Becherkuchen macht hier die Erfahrung des Verantwortlichen ganz viel wett. Trotzdem ist es eine mittelmäßige Lösung, die sich nur ganz schlecht auf andere Küchen bzw. Baustellen übertragen lässt.

SCALES: eine Küchenwaage statt fünf verschiedenen Bechergrößen (Credit: pixabay)

Ganz anders sieht die Sache bei Verwendung von eguana SCALES aus. Um es auf unsere Süßspeisen-Version umzumünzen: Scales, die Küchenwaage zur Zubereitung unseres Becherkuchens. Anstelle von manuellen oder semi-manuellen Berichten werden bei SCALES die Gerätedaten direkt, standardisiert und digital übernommen – also praktisch die Zutaten genau abgewogen – und automatisch ausgewertet, analysiert und grafisch aufbereitet.

Da stellt man sich zurecht die Frage, was will man mehr als ein perfekt abgewogenes und präzise zubereitetes BackBauwerk?

Aber was hilft das perfekteste Rezept, wenn man nicht weiß, was den Gästen schmeckt? Oder anders gesagt: was bringt es, die Daten im Nachgang optimal aufzubereiten, wenn doch zum Zeitpunkt der Analyse der jeweilige Vorgang bereits abgeschlossen ist?

KI verbessert Injektionsprozesse

Wenn meine Gäste keine Rosinen mögen oder auf Nüsse allergisch sind, möchte ich das wissen, BEVOR ich die jeweilige Zutat in den Teig rühre. Und genau da setzt unser Forschungsprojekt AVANT an, zu dem wir uns mit Projektingenieur und Forscher Christoph Klaproth unterhalten haben.

Sind in diesem Kuchen etwa Rosinen drin?? (Credit: pixabay)

 „Das Projekt AVANT möchte die Abläufe im Injektionsbereich verbessern“, so der Experte der STUVA. „Wir erleben immer mehr, dass der Baubereich digitalisiert wird. Also sprich: wir haben Unmengen an Daten und diese Daten werden im Moment einfach noch nicht verwendet, so wie sie verwendet werden könnten. Deshalb haben wir das Projekt AVANT ins Leben gerufen, um eben diese Daten noch mehr auszuwerten, als sie es heute schon werden, und das Ganze auch automatisiert auszuwerten, um dann letztendlich den Injektionsprozess zu verbessern.“

Im Zuge des Projekts sollen also Daten, die während Injektionen produziert werden, bereits im laufenden Betrieb automatisiert ausgewertet werden. Ziel ist es, eine Künstliche Intelligenz so zu trainieren, dass sie nach einzelnen Injektionsrunden Prognosen abgeben und Vorschläge bezüglich Injektionsplanung und weiterem Tunnelvortrieb machen kann. (Um bei unserer Kuchenmetapher zu bleiben: Die KI merkt sich, wenn beim letzten Backversuch zu viele Rosinen im Teig waren, und passt die Menge beim nächsten Mal automatisch an)

Der Name AVANT steht für ‚Adaptive Planung von Injektionsmaßnahmen im Tunnelbau mittels Künstlicher Intelligenz‘. Es handelt sich um einen Zusammenschluss österreichischer und deutscher Forschungseinrichtungen und Unternehmen mit dem Ziel, die Digitalisierung der Branche voranzutreiben

Zielgerade – Es wird spannend

Wo stehen wir jetzt mit unserem Kuchen Projekt? (Credit: pixabay)

Das Projekt hat 2020 gestartet und ist für drei Jahre angesetzt. Bisher wurde bereits eine massive Datenbasis gesichtet, sortiert und ausgewertet, um damit weiter arbeiten zu können. Man könnte sagen, die trockene Vorarbeit ist abgeschlossen. Was steht denn aktuell am Plan?

„Ja, jetzt wird es in der Tat spannend. Wir haben schon jetzt erste Versuche gemacht mit KI Algorithmen. Da sind wir natürlich auch auf ein paar Probleme gestoßen, die sich daraus ergeben, dass die Datenaufzeichnung immer noch nicht sehr koordiniert abläuft.

Es werden zwar Daten aufgezeichnet, aber natürlich ist noch nicht standardisiert, wie sie aufgezeichnet werden sollen. Das betrifft einmal die Benennung der Daten, die Zuordnungen und dergleichen. Es ist im Baustellenalltag noch nicht verfestigt, dass die Daten so aufgezeichnet und standardisiert benannt werden, dass man sie im Nachgang zuordnen kann, um daraus dann Schlüsse ziehen zu können. Das fängt bei der Nomenklatur an, also sprich: Die Bezeichnung der Datensätze ist nicht stringent durchgezogen, es fehlen teilweise Daten und die einzelnen Verläufe sind unterschiedlich durchgeführt worden, ohne dass wir Informationen darüber haben, warum das passiert ist – hat es Verzögerungen beim Bauablauf gegeben, hat es Schwierigkeiten beim Auf und Abbau der Injektion gegeben?“, zählt Klaproth Problempunkte auf.

Im Ergebnis bedeutet das, dass diese sehr unterschiedlichen Daten in mühsamer Kleinarbeit wie Puzzleteile geordnet und zusammengesetzt werden mussten. Dass das Teil der Arbeit im Projekt wird, war klar – tatsächlich ist das Ausmaß der nötigen Arbeiten doch höher, als vorab angenommen.

Die Projektteilnehmer

Credit: pixabay

Die Baudaten, mit denen die KI gefüttert wird, werden von der STRABAG bzw. Züblin Spezialtiefbau, die als ausführendes Bauunternehmen Zugriff auf große Datenmengen hat, zur Verfügung gestellt. Zwei Arten von Daten kommen bei AVANT zum Einsatz: Einerseits die MWD-Daten (measurement while drilling). “Diese geben Aufschluss darüber, wie das Bohrloch letztendlich aussieht”, erklärt Klaproth. Aus ihnen kann man “einige Erkenntnisse ziehen, ob sich Klüfte im Gebirge befinden und dergleichen.” Für die Analyse der Bohrdaten ist hauptsächlich die Montanuniversität Leoben als ein weiterer Forschungspartner auf österreichischer Seite des Konsortiums zuständig. Andererseits haben wir “die reinen Injektionsdaten, die die Injektionsprozesse darstellen. Also der Druck, der aufgebracht wird und Durchflussrate, die ins Gebirge eingebracht wird.

Deutsche Projektpartner sind das Geoteam Dortmund, unterstützend für Fragen bezüglich der Geologie des Gebirges, und die STUVA, schwerpunktmäßig für die Künstliche Intelligenz zuständig. eguana kümmert sich als Bindeglied um die Datenaufbereitung und fungiert als Schnittstelle zur Baustelle.

Mögliches Ziel des Projekts könnte entweder ein Programm sein, das vom Bauleiter heruntergeladen werden kann, oder ein Kästchen, das an die Maschinen angeschlossen werden kann.

“Injektion jetzt stoppen, Schweinebacke!”

Während wir unseren Kuchen während des Backvorgangs im Auge behalten und regelmäßig kontrollieren müssen, ob eh nichts anbrennt, soll die KI in AVANT aus Baudaten lernen, um festzustellen, wann ein sinnvoller Zeitpunkt ist, um die Injektion zu beenden. „Sie lernt, wann gewisse Charakteristika eintreten“, so Klaproth. Aktuell entscheiden Experten vor Ort gemeinsam mit dem Bauherrn anhand verschiedener Abbruchkriterien, ob eine Injektion erfolgreich war oder nicht. „Auf der sicheren Seite liegend wird meist mehr injiziert, als eventuell notwendig ist“, weiß er. „Diese Abbruchkriterien, wollen wir automatisiert übertragen, um dann frühzeitiger automatisch das Abbruchkriterium zu erkennen.“

Eine KI, die zum optimalen Zeitpunkt Anweisung gibt, die Injektion zu beenden. Das lässt natürlich viel Spielraum zur freien Interpretation. Während in meiner Traumküchenwelt der Ofen automatisch Bescheid gibt, wenn der Kuchen perfekt gebacken ist, trägt in meiner Vorstellung der Injektionsleiter ein Headset, durch das ihm die Stimme von Bruce Willis sagt: “Injektion jetzt stoppen, Schweinebacke!”. So sieht die Realität natürlich (leider) nicht aus, denn „optimalerweise passiert das einfach automatisch. Auch heute werden Grenzwerte für die Messwerte, Druck oder Durchfluss festgelegt und wenn die erreicht sind, schaltet die Pumpe einfach automatisiert ab. Wir versuchen, diesen Zeitpunkt durch zusätzliche Information nach vorne zu verlagern.“

Genau wie unsere KI wissen natürlich auch wir, wann der beste Zeitpunkt für ein Ende ist, und möchten an dieser Stelle für heute zum Thema KI das Abbruchkriterium für erreicht erklären.

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Ein großes Dankeschön geht an dieser Stelle an unseren Gastautor Christoph Klaproth, der nicht nur viel fachliches Verständnis, sondern auch viel Geduld für Fragen mitgebracht hat 😉

Hier arbeitet Christoph Klaproth gemeinsam mit Joachim an AVANT (Credit: eguana/Riedler)
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Von Anna Riedler

Als der Orientierungssinn vergeben wurde, hatte sich Anna gerade verlaufen. Umso besser, dass ihre Arbeit mit Baustellen nur peripher zu tun hat – sie würde vermutlich nie wieder zurück ins Büro finden. Stattdessen schreibt die studierte Journalistin fleißig Texte für unsere Homepage, unseren Blog, und literaturnobelpreisverdächtige Kurzbeschreibungen.