Doppelt gebogener Staudamm (Credit: Fotoauge auf Pixabay)
Credit: Fotoauge auf Pixabay

VerDAMMt nochmal 

Warum ist die Banane krumm? Weil sie Richtung Sonne wächst, eh klar. Und damit sie besser in die bananenförmige Jausenbox passt! Und warum ist der Staudamm krumm? Wer eine Antwort auf diese Frage sucht, findet sie (und andere spannende Infos zum Thema Staudamm) in diesem Blogbeitrag!  

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Beim Reden kommen die Leute zam  

Beim Mittagessen brechen bei uns regelmäßig alle Dämme und es kommen Themen auf den Tisch, von denen die meisten von uns vorab keine Ahnung hatten, dass es sie überhaupt gibt. 

Schon gewusst, die Gesetzmäßigkeiten der Strömungsmechanik laut Darcy-Gesetz den perfekten Kaffeegenuss beeinflussen? (Für alle, die wunderbaren Kaffee genießen wollen, ohne sich den entsprechenden Wikipedia-Artikel oder unseren Blogbeitrag dazu durchzulesen: Langsam durch den Filter rinnendes Wasser führt zu einem besseren Ergebnis als schnelles.) Oder dass es Männer gibt, die es für eine gute Idee halten, ihr bestes Stück in ein Staubsaugerrohr zu stecken? (Für den besonders neugierigen Leser empfehlen wir eine kurze Internetrecherche zum Thema Morbus Kobold.) 

Unlängst haben wir darüber gesprochen, warum Staudämme oft gebogen sind. Wusste natürlich eh jeder, es geht natürlich um das … also das Dings, vom Wasser. Weil es dann mit dem, also wegen dem … und mit dem Druck natürlich und wegen der Angriffsfläche. Alles klar, oder? 

Als uns in dieser Woche dann zufällig noch ein Video zu dem Thema untergekommen ist, war schnell klar: Das wollen wir uns genauer anschauen! 

(Okay, zugegeben – Auslöser war eigentlich nicht ein angeregtes Gespräch über Dämme, sondern der Versuch, ein gekochtes Ei in einer Hand zu zerdrücken. Aber mehr dazu unten.) 

Warum ist die Banane der Staudamm krumm? 

Grundsätzlich ist natürlich nicht jeder Staudamm in Bogenform gebaut. Es gibt auch hier mehrere Möglichkeiten. 

Ist uns aber für den Moment egal, uns interessieren heute vor allem die krummen Dinger. Die wahrscheinlich älteste erhaltene Bogenstaumauer wurde übrigens ca. 540/550 nach Christus in Antiochia erbaut, es gibt aber Berichte von noch älteren, römischen Bogenstaumauern.  

Die Römer hatten überhaupt ein Faible für die elegante Rundung bei Bauwerken. Brücken, Aquä- und Viadukte, alle bestechen durch ihre elegante Bogenform, und das römische Kolosseum kombiniert sogar zahlreiche Bögen mit einer insgesamt „abgerundeten“ Gebäudeform. Von ihren Bauwerken ist bis heute noch eine Menge erhalten – ein ein eindeutiges Indiz für die Langlebigkeit dieser Bauform!

Blick auf den Pont du Gard in Frankreich (Credit: Pixabay)

Blick auf den Pont du Gard (Credit:  Ridoe auf Pixabay)

Um ein weniger historisches Beispiel aus unserem persönlichen Erfahrungsschatz beizusteuern: auch ein Ei hat eine Bogenform – und wie unsere Selbstversuche zu Ostern gezeigt haben, ist es mit einer Hand kaum zu zerdrücken (vorausgesetzt, die Belastung ist gleichmäßig – drückt man punktuell mit nur zwei Fingern, ist die Schale schnell zerbrochen). 

Die maximaleffiziente Bogenform erhält man übrigens über die sogenannte Kettenlinie. Das ist jene Form, die eine Kette macht, wenn sie an beiden Enden locker in den Händen gehalten wird und durch ihr Eigengewicht nach unten hängt. Dreht man diese Linie um, erhält man die stabilste Bogenform. (… weiterhin unklar ist, ob der Bogen, den unsere Kuchen, Muffins und Aufläufe im Backofen bilden, auch über diese Kettenlinie zu erklären sind. Aber das ist ein anderes Thema. Und erfordert vermutlich tiefgehende Experimente.)

Perfekte Bogenform? Naja. (Credit: Pixabay)

Kuchen in Auflaufform - eine quasi perfekte Bogenform (Credit: Alexander Fox | PlaNet Fox auf Pixabay)

Durch die Bogenform – egal ob es um Brücke, Gewölbe oder Mauer geht – wird die Belastung gleichmäßig über die gesamte Fläche abgetragen, was zu einer insgesamt höheren Stabilität führt. 

Vajont-Staudamm (Credit: merlinorn0 auf Pixabay)

Der Damm hält – Noch ein historisches Beispiel zum Thema: der 1960 erbaute Vajont-Damm in Italien. Hier wurde das Reservoir über einen Zeitraum von über drei Jahren langsam befüllt, da in den höhergelegenen Bergregionen Instabilitäten beobachtet worden waren. Im Oktober 1963 kam es dann tatsächlich zu einem Bergrutsch, bei dem um die 314 Millionen Kubikmeter Felsen und Erdreich in das Reservoir rutschten und eine gewaltige Flutwelle auslösten, die die Staumauer fast 100 Meter überstieg. Die Auswirkungen im Tal waren verheerend, der Staudamm selbst hat das Unglück aber praktisch unbeschadet überstanden. 

(Credit: merlinorn0 auf Pixabay)

Heureka! Es ist ein … Dreieck 

Na gut, nicht direkt ein Dreieck – aber viele Staumauern nutzen ein zusätzliches „Feature“, um noch mehr Stabilität zu erhalten. Und ganz banal formuliert: Sie formen im Querschnitt eine Art Dreieck.  

Im Detail gibt es dazu verschiedene Abwandlungen, von einer tatsächlich unten dicker werdenden Mauerform über vorgelagerte Strebewerke (für die Laien unter uns: zum Beispiel Pfeiler) bis hin zur momentan üblichsten Form, der Doppelbogen- bzw. Kuppelstaumauer, bei der eine Krümmung in vertikaler und horizontaler Richtung auftritt. Wer sich darunter nichts vorstellen kann: Stichwort Bierbauch. 

bierbäuchige Staumauer (Credit: eguana/Stefaner)
bierbäuchige Staumauer (Credit: eguana/Stefaner)

Das Ziel bleibt aber immer das gleiche: den horizontalen Druck des Wassers nicht nur mit dem Eigengewicht stoppen, sondern durch die Gewölbewirkung in die umliegenden Hänge zu leiten. 

Under Pressure

Keine Frage, wenn all dieser Druck in den Boden kommt, braucht es ein solides Fundament – wir dürfen hier direkt noch einen Fachbegriff einstreuen: Pulvino. So heißt nämlich das Fundament einer Bogenstaumauer. 

Pulvino. Klingt ja eher … bröselig als stabil. Kommt aber tatsächlich nicht vom Wort „Pulver“ (wussten wir natürlich!) sondern leitet sich vom lateinischen Wort für „Kissen“ ab, nämlich “pulvinus”. Ursprünglich wurde damit ein Bauelement zwischen einer Säule und einem Bogen bezeichnet, in Form einer verkehrten Pyramide mit abgeschnittener Spitze, das den Druck des Gewölbes aufnahm und in die darunterliegende Säule leitete.  

Naheliegend also, dass dieser Begriff auch für die Fundamente von Bogenstaumauern verwendet wird, deren Aufgabe es ist, quasi als das „Kissen“, auf dem die Staumauer aufliegt, die Kräfte in den Untergrund zu leiten. (Ein ähnliches Prinzip findet sich übrigens bei Eisenbahnschwellen). Schließlich soll so ein Staudamm ja auch mehrere Jahrzehnte lang halten.

Allein in Österreich gibt es übrigens 55 Stauseen. Aus diesen gewinnen wir rund die Hälfte unserer Energie (in Deutschland, wo es zwar große Flüsse, aber kaum Gefälle gibt, sind es im Vergleich dazu nur drei Prozent).

Österreichs höchste Staumauer ist mit einer Breite von 626 Metern (und einer Höhe von 200 Metern) die Kölnbreinsperre am Ende der Malta-Hochalmstraße in Kärnten, hinter deren Mauern sich bis zu 200 Millionen Kubikmeter Wasser stauen. Dadurch werden 120 Megawatt Leistung (elektrisch) erzeugt. Zum Vergleich: Wien Spittelau hat eine Leistung von 6 Megawatt elektrisch, also ein Zwanzigstel. Das Regelarbeitsvermögen beträgt etwa 80.000 MWh, womit pro Jahr rund 40.000 Haushalte versorgt werden könnten.

Die Kölnbreinsperre (Credit: Michael Kleinsasser auf Pixabay)

Die Kölnbreinsperre in Kärnten (Credit: Michael Kleinsasser auf Pixabay)

So ein Stausee (Pumpspeicherkraftwerk) ist im Grunde ja eine große Batterie und produziert nur bei Bedarf Energie (bzw. nimmt überschüssige Energie von anderen Kraftwerken auf). Würde man das Wasser von Kölnbrein aber maximal ablassen, könnte man mit der generierten Energie 30.000 Personen (also etwa Bregenz) ein Jahr lang komplett elektrisch versorgen.

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Bildungsauftrag erfüllt 

Wieder viel gelernt. Zum Beispiel, dass man Kraftwerkstypen schwierig vergleichen kann und Volllaststunden eine komplexe Angelegenheit mit wahnsinnig vielen L sind. Und wer hätte gedacht, dass heute Latein am Stundenplan steht? Muss eine Supplierstunde gewesen sein!

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Kategorisiert in eguana.team

Von Anna Riedler

Als der Orientierungssinn vergeben wurde, hatte sich Anna gerade verlaufen. Umso besser, dass ihre Arbeit mit Baustellen nur peripher zu tun hat – sie würde vermutlich nie wieder zurück ins Büro finden. Stattdessen schreibt die studierte Journalistin fleißig Texte für unsere Homepage, unseren Blog, und literaturnobelpreisverdächtige Kurzbeschreibungen.