Wasserhaltung im Tiefbau – ein kurzer historischer Abriss

Wasserhaltung – ein Begriff, der für die meisten Menschen wohl bedeutet, dass Wasser in irgendeiner Weise gespeichert und auf Vorrat gehalten wird. Meist vermutlich im Zusammenhang mit einer funktionierenden (Trink-)Wasserversorgung oder Bewässerung:Wasser, die Quelle des Lebens.

Besonders in Bauwerken ist Wasser aber nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Nicht ohne Grund wird aus „Walle! walle – Manche Strecke – daß, zum Zwecke – Wasser fließe“ von Goethes Zauberlehrling nach einem missglückten Experiment schnell eine Klage über die vom verzauberten Besen herangeschafften Wassermassen:

„Immer neue Güsse
bringt er schnell herein,
Ach! und hundert Flüsse
stürzen auf mich ein.“

Ähnlich verhält es sich unter Tage.
So geht es bei Wasserhaltung im Bergbau weniger darum, Wasser zu sammeln, als Wasser fernzuhalten bzw. abzuführen. Sämtliche Tätigkeiten, die diesen Zweck erfüllen, werden im Bergmännischen als Wasserhaltung bezeichnet – also alles, was dazu dient, Wasser vom Eindringen in Bauwerke wie Tunnel abzuhalten.

Old enemy mine – water!

Wieder einmal läuft die Geschichte darauf hinaus, dass es weit nicht so einfach ist, ein Loch –oder einen Tunnel– zu graben, wie uns Comiczeichner oft weismachen wollen. Man denke nur an die ‚Lucky Luke‘-Comics von Morris und Goscinny, in denen die Gebrüder Dalton regelmäßig in Windeseile durch selbst gegrabene Tunnel aus dem Gefängnis entfliehen.

Wasser kann dabei trotzdem von Nutzen sein. Im Tagbau haben die Römer bereits in der Bronzezeit das nasse Element genutzt, um Gold freizulegen. So wurde beispielsweise in den Dolaucothi Goldminen in Wales Wasser mittels Gräben und Aquädukten umgeleitet und in Wasserbecken gesammelt (eine eigentlich nicht-bergmännische Art der offenen Wasserhaltung). Durch die später als „Flushing“ bekannte Methode wurden anschließend größere Wassermengen gezielt abgelassen, um Gestein wegzuschwemmen und die darunter erhofften Goldadern freizulegen.

Credit: Peterlewis / wiki Commons (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aqueduct1.jpg)

Doch auch unter Tage war Wasser in Dolaucothi ein Thema – so wurden in etwa 25 Meter Tiefe die Reste eines Wasserrades gefunden, mit dem wohl unerwünschte Wassermengen aus dem Stollen entfernt wurden. Auch weiter im Süden bei Rio Tinto in Spanien wurden römische Stollen gefunden, bei denen zumindest 16 Wasserräder im Einsatz waren, um Wasser aus der Mine zu befördern. Diese wurden von den Bergleuten als Tretmühle betrieben.

Credit: Peterlewis / wiki Commons (https://de.wikipedia.org/wiki/Dolaucothi-Goldminen#/media/Datei:WaterwheelsSp.jpg)

Was uns zum Kern der Sache bringt: Wasser ist im Tiefbau allgegenwärtig – und meistens kein geliebter Begleiter. Das hat viele Gründe, nicht zuletzt, dass ein geflutetes Bergwerk sich schlecht bewirtschaften lässt. Geflutete Bauwerke – egal ob über oder unter Tage, sind (sofern nicht für diesen Zweck gebaut) außerdem in der Regel instabil. Wenn unerwünschte Wässer nicht abgeführt werden, kann das selbst in der Natur unschöne Folgen haben, wie das bekannte Beispiel vom Oberösterreichen „Gschliefgraben“ beweist, wo ungefähr alle hundert Jahre gewaltige Erd- und Schuttströme Siedlungsbereiche bis ans Ufer des Traunsee bedrohen. Grund für diese Erdrutsche ist der Untergrund, der durch viel Niederschlag und Grundwasser durchgefeuchtet und somit instabil ist.

Damit aber nicht genug: Unter Tage kommt Wasser oft mit Mineralien und Salzen in Kontakt, die es ausspült, um sich anschließend entsprechend angereichert mit dem lokalen Grundwasser zu vermischen. Diese Grubenwasser sind schlecht fürs Grundwasser, schlecht für die Umwelt, schlecht für den Menschen. Aus diesem Grund ist Wasserhaltung teilweise auch in stillgelegten Minen noch ein wichtiges Thema.

Ziel ist es also, Wasserzutritte unter Tage zu verhindern oder zumindest zu regulieren. Das wusste man schon vor zweitausend Jahren, wie nicht zuletzt die Funde aus Dolaucothi beweisen.

Fun Fact am Rande: Die Mine in Dolaucothi wurde Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wieder geöffnet und ausgebaut – schlussendlich aber wegen Wasserzutritten und Überflutung geschlossen.

Doch die römischen Wasserräder gerieten wie manch anderes aus dieser Zeit vorerst wieder in Vergessenheit, und so fanden sich bis ins 13. Jahrhundert unter den Bergleuten „Wasserknechte“, die mit verschiedensten Hilfsmitteln wie Kübeln (aus Holz oder Leder), Kannen oder Töpfen Wasser aus Gruben von bis zu zwanzig Meter Tiefe beförderten. Eine aufwendige Tätigkeit; es gibt historische Beispiele, in denen Wasserknechte mehr als 50 Prozent der gesamten Belegschaft ausmachten.

Zeit für Innovation!

Wirtschaftliche Überlegungen aber auch zunehmend tiefere Schächte und damit einhergehende, größere Wasserzuflüsse mit Beginn der Neuzeit machten es nötig, von manueller auf maschinelle Wasserhaltung umzusteigen. So findet sich bei Agricola (1494-1555, Begründer der modernen Bergbaukunde) eine Illustration, bei der Schöpfgefäße an eine umlaufende Kette montiert und so das Wasser gehoben wurde.

Die Basis steht – alles Weitere sind Feinheiten: Anstelle von Menschen übernahmen bald Pferde den Antrieb der Förderketten. In Tirol kamen schon im Jahr 1515 pferdegetriebene Wasserhaltungsanlagen zum Einsatz. Die Erfindung der Dampfmaschine erleichterte die Wasserhaltung und eröffnete neue Möglichkeiten, unter Tage zu arbeiten.

Lösen, Heben, Ziehen, Schöpfen?

Abgesehen von der maschinenseitigen Vielfalt, Wasser da zu halten, wo man es gerne möchte, wird unter Tage grundsätzlich zwischen drei Methoden unterschieden, dem Wasser Herr zu werden:

  • 1. Allen voran die Möglichkeit, die natürliche Flusseigenschaft des Wassers zu nutzen, um es umzuleiten, sodass es ganz natürlich und ohne Schaden anzurichten abfließt.
  • 2. Ist das Wasser aber bereits dort hingelangt, wo man es nicht haben will, muss es wieder weg – da führt kein Weg daran vorbei, es in passende Gefäße zu packen oder durch Schläuche zu pumpen und es so mechanisch aus dem Weg zu schaffen.
  • 3. Die dritte Methode setzt da an, wo das Wasser quasi noch vor der Tür steht. Durch verschiedenste Maßnahmen wird versucht, das Bauwerk so abzudichten, dass das Wasser gar nicht erst eindringen kann.

Ein Wasser am Ende des Tunnels?

Wo immer Wasser einem Bauwerk unangenehm nahe kommt, unterstützt SCALES: Sei es bei der Überwachung von Drainagepumpen, die eintretendes Wasser postwendend wieder aus dem Tunnel befördern, bei der Überwachung von Pegelständen oder bei der Überwachung diverser Injektionen – egal ob vorauseilend oder begleitend. Bevor jedoch der Blogbeitrag völlig ausufert (denn über dieses Thema könnte ich reden wie ein Wasserfall), mache ich an dieser Stelle Schluss und ende mit einem kleinen Ausblick:

Ein Ausblick. Damit habt ihr jetzt bestimmt nicht gerechnet. Credit: pixabay, Nika1209
Credit Titelbild: pixabay, SatyaPrem
Credit Wassertropfen: pixabay, Dirk Wohlrabe
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Von Julia Stefaner

Julia hat Wirtschaft studiert und sich ursprünglich als Office Allrounderin bei eguana beworben. Aber eigentlich macht sie alles, was nicht direkt mit Technik zu tun hat. Vor allem motiviert sie uns jeden Tag aufs Neue, unsere Zeiterfassungen zu machen und Belege rechtzeitig abzugeben. Wie das am besten geht, hat sie vermutlich von ihren zwei Kindern gelernt. Wir arbeiten jetzt hart daran, ihr noch ein paar technische Grundbegriffe beizubringen.